Ein Fachartikel von Dr.-Ing. Wolfgang J. Friedl zu den Aufgaben, die auf Brandschutzhelfer, Evakuierungshelfer und Geschäftsführung im Brandfall zukommen.

Verhalten im Brandfall – verschiedene Aufgaben der Mitarbeiter, Brandschutzhelfer, Evakuierungshelfer und der Geschäftsführung

Know-how für Brandschutzhelfer, Evakuierungshelfer und Geschäftsführung – präsentiert von brandschutzbeauftragter.de:

Verhalten im Brandfall – verschiedene Aufgaben der Mitarbeiter, Brandschutzhelfer, Evakuierungshelfer und der Geschäftsführung

Ein Fachartikel von Dr.-Ing. Wolfgang J. Friedl, Ingenieurbüro für Sicherheitstechnik, München

Man stelle sich jetzt mal bitte einen Brand am Arbeitsplatz vor: Das passiert extrem selten (so ca. alle 200 – 800 Jahre, abhängig vom Arbeitsplatz!) und ist immer ohne vorherige Kalkulation – sonst hätte man den Brand ja vermeiden können. Insofern ist jeder überrascht und damit auch schnell überfordert, da man Brandszenarien ja nicht täglich im Kopf hat, nicht täglich trainiert. Wie reagieren andere? Was mache ich? Ist mein Kopf wirklich frei, kann ich souveräne Entscheidungen treffen, Prioritäten setzen? Kann ich entscheiden, welche Anweisungen jetzt sinnvoll sind? Erkenne ich den Inhalt der Worte von anderen? Gerate ich in Panik? Panik bedeutet, nicht mehr zu funktionieren, nicht mehr in der Realität zu sein und dennoch ist es unser Körper ja noch – wir müssen jetzt richtig handeln, ggf. anderen vertrauen und gegen unseren Urinstinkt handeln (nämlich das Feuer wie eine verbale Provokation zu ignorieren, um weiter zu arbeiten). Panik kann sich auf zwei Arten zeigen: sinnloses umherbrüllen oder Lethargie – in beiden Fällen ist der Mensch intellektuell überfordert, nicht mehr intelligent entscheidungsfähig.

Wer den Brand verursacht hat, der wird ggf. noch versuchen, durch eine hilflose Aktion hastig Abhilfe zu schaffen, oder die Sache vertuschen wollen. Andere reagieren manchmal mit Ignorierung oder Verschlimmbesserung, d. h. sie tun so, als ob sie das gar nicht betrifft – aufregende Situationen! Wenn man schon 150 und mehr Räumungen erlebt hat, befremdet einen eigentlich nichts mehr und die Frage ist erlaubt, ob eine Übung echt was bringen soll. Antwort: Ja, wenn man es regelmäßig und gut macht.

 


HDT-Wissen für Ihre Praxis:

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Nun ist ja gesetzlich geregelt, dass es eine Unternehmenshierarchie mit Vorgesetzten, Brandschutzbeauftragte, Sicherheitsfachkräfte, eine Brandschutzordnung Teil C und Brandschutzhelfer geben muss und dass die Belegschaft unterwiesen wird im präventiven und kurativen Verhalten eines Brands; und mindestens 5 % der Belegschaft müssen praktisch unterwiesen sein, wie man einen Handfeuerlöscher bedient – das bedeutet im Umkehrschluss, das 95 % es eben nicht wissen und die 95 % wissen aber, dass es diese 5 % gibt – im Brandfall werden sie sich also ggf. lethargisch verhalten und abwarten, was die Brandschutzhelfer denn machen; und genau das ist falsch, die 95 % müssen wissen – und zwar durch unsere Schulungen, dass sie sich jetzt auch korrekt verhalten müssen. Diese ganzen aufgelisteten Forderung gibt es nicht bei Evakuierungshelfern oder Flurbeauftragten, die benötigt man nicht unbedingt in einem Unternehmen. Und die Forderung, dass es eine Brandschutzordnung Teil C gibt, steht ja voll im Raum und da werden Personen unterwiesen (meist die Geschäftsleitung und deren Vertreter), die in Notsituationen Entscheidungen treffen – Notsituationen wie Brände oder Bombendrohungen.

Doch fangen wir von vorne an. Es kommt zu einem Brand im Unternehmen an einer Stelle; wer einen Konzern mit 22.000 Personen je Standort hat, wird so was zwar nicht täglich, aber monatlich erleben – ein großer Vorteil für die anderen! Nun wäre es wünschenswert, wenn die erste Person, die den Brand sieht, darauf schnell und laut aufmerksam macht. Das geht durch lautes Rufen und in dieser Information sollten bereits die ersten Hinweise für andere drin sein, etwa so: „Achtung, es brennt. Herbert, rufe die Feuerwehr. Achim, bitte hole einen Handfeuerlöscher und Petra, bitte informiere schnell Herrn Schubert.“ Das reicht völlig aus für die erste Sekunde, denn Herbert, Achim und Petra werden dieser Aufforderung ohne große Diskussionsbereitschaft folgen. Ob einer der drei Brandschutzhelfer ist oder nicht, ist erst mal egal, denn jede Person muss mit einem Handfeuerlöscher umgehen können. Weiß die Befehls-Person, dass Petra die Brandschutzbeauftragte ist, wird der wohl ihr den Achim-Job (besorgen des Löschers) übertragen, oder Petra und Achim regeln das binnen Sekunden unter sich. Und die Person, die die Befehle gegeben hat, holt ggf. einen zweiten Handfeuerlöscher – sehr sinnvoll, denn zwei Handfeuerlöscher gleichzeitig abgeblasen sind mehr als doppelt so effektiv als zwei, die man hintereinander abbläst! Aber nicht Schaum und Pulver, diese Löschmittel nehmen sich gegenseitig die Löschwirkung weg und das Pulver bewirkt großflächig Schäden! Also ggf. den Nachsatz noch bringen: „Holen sie den Löscher mit Kohlendioxid, der hängt direkt vor der EDV!“

Handelt es sich um ein kleines Feuer, das man mittels Löschspraydose vor Ort, einem Wasserglas oder geholtem Handfeuerlöscher sofort im Griff hat, wird Herbert wahrscheinlich den Hörer wieder auflegen, während es bei der Feuerwehr noch nicht einmal läutet – eine Entscheidung, die richtig oder falsch sein kann. Lieber die Feuerwehr einmal vergebens gerufen als eine Minute zu spät, denn solche Einsätze werden üblicherweise nicht in Rechnung gesetzt – etwas, was man auch vermitteln muss bei Schulungen. Doch jetzt gehen wir davon aus, dass das Feuer so groß ist, dass ein eigenes Löschen wohl nicht mehr sicher möglich ist. Dann muss man überlegen, ob man ein Risiko eingehen will oder nicht – besser nicht, denn dazu ist niemand verpflichtet. Jedoch sind wir verpflichtet, andere Menschen zu warnen und zu retten. Die ASR A2.2 fordert, dass im Brandfall alle betroffenen Personen informiert werden müssen und dies so rechtzeitig, dass für sie keine Gefahr besteht. Das mag in Einzelfällen nur mit einer BMA mit akustischer Alarmierung gehen oder einem Lautsprechersystem, aber meist reicht ein Zurufen von Person zu Person. Wenn es in einer großen und damit übersichtlichen, hohen Halle an der Stelle X brennt, sind ja nicht binnen Sekunden Personen an den Stellen Y und Z gefährdet – und wenn doch, bekommen sie das ja mit und können fliehen. Schwieriger wird es in Verwaltungsgebäuden oder verwinkelten Gebäuden – da wäre es ideal, wenn es zwei baulich gegebene Fluchtwege gäbe, die gegensätzlich zueinander angeordnet und gleichwertig sind. Niemand soll jetzt nämlich in Panik aus dem Fenster im 1. OG springen oder eine vertikal verlegte Fluchtleiter heruntersteigen; hier ist die Verletzungsgefahr zu groß und steht erst mal überhaupt nicht in Relation zur Bedrohung.

 


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So, nun gibt es also eine Brandschutzordnung C und die ist für Personen, die in Notfällen wie Brände besondere Aufgaben haben. Das sind meist Personen, die einen höheren Rang haben und es gewohnt sind, Anweisungen zu geben. Und diese müssen sie jetzt geben, denn wer außer dem Chef soll denn vor dem Eintreffen der Feuerwehr Anweisungen sonst geben können? Diese Person wird vielleicht sagen: „Herr Fischer, sie gehen eine Ebene höher und sorgen für die Räumung dieser Ebene, Frau Brunnhofer – sie machen das bitte eine Ebene unter uns. Und Frau Kreibel, sie veranlassen die Räumung dieser Ebene. Nun muss es ja keine Fluchthelfer geben, aber diese wurden eben ausgewählt. Oder Frau Kreibel ist Fluchthelferin und weiß, was sie zu tun hat, nämlich: Zügig von hinten bis vorn durchgehen und dafür sorgen, dass alle vor ihr hergehen und das Gebäude verlassen werden. Die Arbeit wird unterbrochen und das ist wichtig: Telefongespräche abrupt unterbrechen, Arbeit weglegen und nicht „noch eben schnell“ das oder das machen. Dann geht diese Person, die möglichst mit etwas Autorität ausgestattet sein sollte, zügig weiter und blickt nach rechts und links in die Räumlichkeiten, um alle herauszubringen. Jetzt keine Diskussionen, ob denn das Feuer wirklich schon so groß sei oder ob man nicht noch dies oder das erledigen dürfe. Kaffeemaschinen mit Heizplatten kann man im Vorbeigehen ausschalten, Mikrowellen und Herde ebenfalls und für die Produktionsanlagen gibt es ggf. einen Not-Aus-Zentralschalter. An dieser wichtigen Aufgabe sieht man schon, dass die Belegschaft natürlich eher bereit ist, vom Teamleiter Befehle dieser Art auf ggf. ungewohnt hektisch und ruppigen Ton zu reagieren, als wenn der Azubi oder die Putzkraft diese Wünsche äußerst. Wenn ein Flur recht lang ist, dann sollte der Fluchthelfer auch dafür sorgen, dass ihm eine zweite, gut vertraute Person zur Verfügung steht: einer geht nach rechts in alle Räume, der andere nach links in die dort platzierten Räume – das spart 50 % Zeit bzw. geht doppelt so schnell. So wäre es gut, wenn es einen Mann und eine Frau gäbe, damit eben jeder in „seine“ Toilette gehen kann um nachzusehen, ob da noch Personen sind. Hier darf man sich jetzt keinem Wunschbild oder oberflächlicher Beurteilung hingeben: Wenn Person X auf der Toilette sitzt und es kommt jemand rufend rein „Hallo, ist da noch wer?“, dann wird wohl keiner in der Sekunde mit Freude „Ja, Wolfgang F. sitzt auf dem Topf“ antworten wollen. Also schweigt die Person erst mal und wartet zögerlich ab, was denn kommt. Deshalb geht man nicht schreiend in eine Toilette, sondern schaut an den Türen und spricht ruhig, aber sachlich. Wenn es nur zwei Männer oder nur zwei Frauen sein sollten und es wirklich brennt, wird keine Person vom anderen Geschlecht damit ein Problem haben, auf ein Feuer von einem Andersgeschlechtlichen hingewiesen zu werden.

In großen Gebäuden kann es auch Sinn machen, dass man einen Lageplan zur Hand hat, nach dem man die Räumung vornimmt. Oder mittig vom Gebäude aus geht ein Personentrupp in Richtung des Treppenraums A, während ein weiteres Personenpaar die Rettung der betroffenen Personen in die andere Richtung zum Treppenraum B führt. Ein Flurbeauftragter kann dann am Sammelplatz dem Einsatzleiter sagen, dass Ebene 2 beispielsweise geräumt ist; und so geht es dann mit der Ebene darüber, ggf. noch eine weitere – oder man macht gleich eine Gebäude-Totalräumung.

 


Gut zu wissen:

Brandschutzbeauftragter vs. Brandschutzhelfer

Gesetzlich sind nur die wenigsten Unternehmen verpflichtet, einen Brandschutzbeauftragten zu bestellen. Daher herrscht bei dem Thema nicht selten Unklarheit. Oft wird der Brandschutzbeauftragte fälschlich mit einem Brandschutzhelfer gleichsetzt. Brandschutzhelfer sind vom Arbeitgeber benannte Personen, die im Fall eines Feuers definierte Aufgaben der Brandbekämpfung übernehmen und dabei ggf. mit betrieblichen Erst- und Evakuierungshelfern zusammenarbeiten.

Weitere Informationen finden Sie hier.

 


 

Ich bringe diesen vielen Beispiele deshalb, um aufzuzeigen, dass Lösung A oder Lösung B nicht richtig sein müssen. Im Fall 1 ist A richtig, im Fall 2 ist es B und bei Ihnen im Gebäude 3 ist eine andere Lösung wieder richtig; da die ASR A 2.2 ja auch unterschiedlichste Alarmierungen erlaubt für unterschiedlichste Fälle ist ja auch ein Indiz dafür. So macht es in einem Hotel wohl wenig Sinn, nachts in der Eingangshalle mit einem Megaphon herumzubrüllen, so es einen Brandalarm gibt; hier wäre es sinnvoll, wenn alle Telefone in mindestens 2 Sprachen bekannt geben von einem Band (d. h. digital gespeichert), dass es einen Brandalarm gibt und das Gebäude bitte zügig, aber nicht hastig verlassen werden muss und noch der Hinweis, dass die Polizei bereits alarmiert worden ist. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Dagegen kann man in einem Bürotrakt das eben durch Zuruf von Person zu Person erledigen, durch ein zügiges Abgehen und in einer Industriehalle wäre dann das eben erwähnte Megaphon wieder sinnvoll.

Wichtig ist, dass es ein Konzept gibt, das in sich schlüssig ist, das passt und das dann auch angewandt wird, wenn es am Tag X so weit ist. Wie gesagt, Brände sind extrem selten und der Chef ist dann am Tag X nicht da, der Brandschutzhelfer auf einem Seminar und der Fluchthelfer ist im Urlaub. Nun sieht die Welt wieder ganz anders aus, also noch mal von vorn: Es kommt zu einem Brand und Person A bekommt das mit. Diese Person ruft bitte laut und informiert alle im Hör-Radius über das schlimme Ereignis. Ggf. ist ein erfahrener Kollege bereit, der Stellvertreter vom Chef weiß ja auch ob seiner Verantwortung oder es ist einer von der freiwilligen Feuerwehr zufällig dabei? Das wäre dann natürlich ein Glücksfall.

Was erwarte ich von wem? Gut, der Chef muss gerade jetzt zeigen, dass er Chef ist. Der Brandschutzbeauftragte oder Brandschutzhelfer – die müssen jetzt zeigen, dass sie was drauf haben und das ist effektives Löschen. Oder die Flurbeauftragten – so es diese gibt – müssen zeigen, dass sie ihren Job kennen und ernst nehmen. Durch die Grundunterweisung sollte eigentlich jeder wissen, dass man den Alarm ernst nimmt und dies jetzt keine Übung ist, sondern ein Ernstfall.

Wenn ein Unternehmen professionell Evakuierungshelfer und Brandschutzhelfer, ggf. auch Fluchtbeobachter usw. hat, dann wird es ungleich problemloser ablaufen als andernfalls. Das bedeutet, der Evakuierungshelfer wird seinen Job machen, der Brandschutzhelfer seinen und die Belegschaft wird brav folgen.

Entstehungsbrände haben folgenden Vorteil: Man kann sie löschen, bevor es kritisch wird. Dazu ist es allerdings nötig, dass man schnell und richtig handelt und das geht nur mit gutem Personal, das unterwiesen ist und richtig handelt.

 


Event-Tipp:

Ausbildung zum Brandschutz-Manager

die Weiterbildung nicht nur für Brandschutzbeauftragte

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Es gehört zu den Aufgaben des Brandschutzbeauftragten, dass man Räumungsübungen vorbereitet und ebenso gehört es zu seinen Aufgaben, die Brandschutzhelfer auszubilden. Wenn es keinen Brandschutzbeauftragten gibt (was ja nicht immer und nicht überall so sein muss), dann liegen diese Aufgaben bei dem Chef, oder bei der Fachkraft für Sicherheit. Der Brandschutzbeauftragte tut also gut daran, solche Ausbildungen und Schulungen durchzuführen und auch Räumungsübungen abzuhalten. Laufen diese gut, so wird es wohl auch im Brandfall gut laufen.

Einen Probealarm will ich Ihnen noch vor Ende erzählen, der so oder so hätte ausgehen können: Es war eine Räumungsübung angesetzt und nur die wenigen Brandschutzhelfer waren involviert. Wir haben einen von drei Treppenräumen verraucht, um für entsprechende Stimmung zu sorgen, die Feuerwehr war informiert. Die Übung ging gut aus, aber mit Problemen, ja sogar Tränen (vor Aufregung und Angst). Glück gehabt, es hätte auch schief gehen können. Tipp: Meinen Sie es nicht zu gut, übertreiben Sie es mit der Angst (Rauch durch Nebelmaschine) nicht, es kann eine Panikreaktion geben, die vermeidbar gewesen wäre.

Fazit: Räumungsübungen sind nötig und sinnvoll, sie sind ohne Alternative!